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Filme im Kino

MoX Kino-Tipps14.08.2024













Texte: Horst E. Wegener
A Revolution on Canvas
USA ´23: R: Sara Nodjoumi/ Till Schauder. Ab 22.8. Wertung: **** Bild: Partner Pictures
Anno 1979 hatte die iranische Revolution die Herrschaft des Schahs beendet – und der Teheraner Künstler Nickzad „Nicky“ Nodjoumi, der sich als aktiver Gegner des Schah-Regimes zuvor ins Ausland hatte absetzen müssen, ließ seine Familie im New Yorker Exil zurück, um spontan allein heimzukehren. Allerdings endete die Hoffnung Nodjoumis, im sich neu formierenden iranischen Kulturbetrieb mitmischen zu können, sehr schnell. Und nachdem der allzu politisch denkende und malende Künstler die Gewalt der Islamischen Revolution zu thematisieren wagte und er den gottgleichen Ajatollah Chomeini als zornigen Mann portraitieren mochte, hatte Nodjoumi den Bogen endgültig überspannt. Prompt stürmten radikale  Islamisten das Museum für zeitgenössische Kunst in Teheran, in dem eine Ausstellung mit seiner umstrittenen Kunst zu sehen war. Alsbald hieß es, dass jene als anstößig empfundenen Gemälde der Wut der Eindringlinge zum Opfer gefallen wären. Ihrem Schöpfer blieb nichts weiter übrig, als angesichts solch massiver Anfeindungen abermals die Flucht gen USA anzutreten. Was aus den im Iran notgedrungen zurück gelassenen Arbeiten geworden sein könnte, bescherte dem Künstler im New Yorker Exil fortan Alpträume, ließ ihn in eine tiefe Lebenskrise schlittern, der auf Dauer auch die ohnehin schon fragile Beziehung zur Ehefrau nicht gewachsen war.
Anno 2022 löste der gewaltsame Tod von Jina Masha Amini und die dadurch ausgebrochenen Massenproteste im Iran in der mit dem deutschen Filmemacher Till Schauder verheirateten Dokumentarfilmerin Sara Nodjoumi den Wunsch aus, sich intensiver mit dem ihr zeitlebens fremd gebliebenen Vater auseinanderzusetzen, seine Lebensgeschichte zu hinterfragen – und vielleicht gar den Verbleib seiner verschwundenen Gemälde aufzuklären. Die Doku „A Revolution on Canvas“ verwebt gleich zwei Plot-Stränge – zum einen treffen Schauder und seine Frau in Istanbul Mittelsmänner oder sie kontaktieren via Skype Menschen im Iran, von denen man sich weiterführende Hinweise zum damaligen Vandalismus-Geschehen im Teheraner Museum erhofft. Zum anderen taucht Sara Nodjoumi in die ihr teils unbekannte Geschichte ihrer Eltern im Iran sowie im New Yorker Exil ein, beleuchtet sie den Verzicht ihrer Mutter, die ursprünglich ebenfalls Künstlerin war, aufs Malen und Ausstellen eigener Werke, zugunsten von rein hausfraulich akzentuierten Überlebensalltäglichkeiten. Wie konnte ihr Vater die Familie einfach so in den USA zurücklassen, als er ´79 nach Teheran heimkehrte? Auf die Frage, ob er sie damals nicht wenigstens vermisst habe, mag der alte Sturkopf auch vor laufender Kamera mit keiner Silbe antworten. Überaus geschickt lotet die Doku das Portrait des Künstlers im Exil aus, wird die emotional schwierige Familiengeschichte in den Plot-Strang mit eingebunden, inszeniert man zudem die Suche nach den verschollenen Bildern im Stil eines Politthrillers – so dass einem das Regieduo Schauder/Nodjoumi kenntnisreiche Einblicke in die Mentalität einer gebeutelten Künstlerseele zwischen Heimweh, Zoff mit den Mullahs und dem Klagen über den Verlust der eigenen Werke überzeugend näher bringt. Ein Programmkinojuwel fürs erwachsene Bildungsbürgerpublikum.
Doku


Alien: Romulus
USA/GB ´24: R: Fede Àlvarez. Ab 15.8. Vorankündigung Bild: 20th Century Studios
Gegen Ende der 1970er-Jahre begründete Thrillfilmer Ridley Scott mit seinem SciFi-Schocker „Alien“ den Auftakt zu einer Kultserie um den Überlebenskampf gegen die schrecklichste Lebensform des Universums, die mit keinem der sechs bislang nachgeschobenen Sequels oder Prequels auch nur halbwegs an den Horror des Originals heranreichte. Die Handlung des brandneuen „Romulus“-Kapitels ist zwischen dem allerersten „Alien“-Abenteuer von ´79  und dem „Aliens“ genannten Kinonachschlag von ´86 angesiedelt – eine Handvoll junger Weltraumkolonialisten macht beim Plündern einer verlassenen Raumstation im All Bekanntschaft mit jenen Säure sabbernden Kreaturen, die bekanntlich noch nie aufs Kommunizieren mit fremden Spezies aus waren. Erste vorab gezeigte Sequenzen spiegeln leider den Charme eines vor Action berstenden Computerspiels wider und präsentieren uns wenig charismatische No-Name-Akteure. So betrachtet bleibt die Befürchtung zumindest bis auf Weiteres bestehen, dass es dem längst nurmehr als Produzent dieser SciFi-Saga  strippenziehenden Kinotitan Ridley Scott schwerlich gelingen dürfte, sein Opus magnum um ein erneut großmeisterlich gelungenes Puzzleteil zu ergänzen.
D: Cailee Spaeny, David Jonsson, Archie Renaux, Isabela Merced, Spike Fearn, Aileen Wu.


Die wilden Mäuse
Frankreich ´22: R: David Alaun. Ab 15.8. Wertung: **** Bild: Apollo Films
So wunderbar es für die naseweise kleine Maus Pattie sein muss, dass ihr Adoptivvater und Kater Sam ein umgänglicher Vegetarier ist: Dass es dem alten Faulpelz bislang immer wieder gelang, Ausflugs- oder gar Fernreisepläne seines abenteuerlustigen Zöglings zu durchkreuzen, lässt Pattie ihren Alltag im antiken griechischen Städtchen Iolkos ab und an schon  als sterbenslaaaangweilig empfinden. Doch dann beschließen die Stadtoberen eines Tages, Göttervater Zeus zu Ehren ein Denkmal in Auftrag zu geben - und Zeus Bruder Poseidon ist total neidisch. Rachsüchtig stiehlt er das legendäre goldene Vlies, das ganz Iolkos bekanntlich Wohlstand und Frieden garantiert. Nur unter der Bedingung, dass man ihm eine mindestens genauso prächtige Statue widmet, würde Poseidon das Vlies wieder rausrücken. Und um den Druck zu erhöhen, räumt der Meeresgott den Bewohnern von Iolkos grade mal eine Woche ein, um dieses Denkmal dann neben dem seines Bruders aufzubauen und zu enthüllen – inklusive eines prächtigen, edelsteinbesetzten Dreizacks als Krönung der Poseidonstatue. In ihrer Not reaktivieren die Städter den altersschwachen Greis Jason, der Iolkos einst das Vlies überließ, betrauen sie den früheren Helden mit der Suche nach einem passenden Saphir. Auch Pattie sieht die Chance auf ein Abenteuer endlich gekommen: Stiehlt sich an Bord von Jasons Schiff Argo, hat aber mal wieder die Rechnung ohne Sam gemacht, der ihr kurzerhand folgt. Auf ihrer Reise zur sagenumwobenen Insel Trinatos dürfen die Edelsteinsucher so viele Abenteuer meistern, dass ihnen irgendwann sogar die Zeit knapp wird, um noch vor Ablauf von Poseidons Frist mit dem Saphir heimzukommen.    
Während vor allem der abenteuerlustigen kleinen Maus im Nu die Herzen sämtlicher Dreikäsehochs im Publikum zufliegen, erfreuen sich die älteren Cineasten vor der Leinwand an den unzähligen Anspielungen auf Filmklassiker, die permanent zitiert werden. Ob der alte Ray Harryhausen-Streifen „Jason und die Argonauten“, „Titanic“ oder „Terminator 2“, die Bandbreite ist groß – und los geht´s: Es darf gerätselt werden.
Animationsfilm.


Horizon
USA ´24: R: Kevin Costner. Ab 22.8. Wertung: *** Bild: Tobis Film GmbH
Irgendwo im Westen Nordamerikas zu Beginn der 1860er Jahre: Im San Pedro Valley haben sich unbedarfte weiße Möchtegernsiedler von einem windigen Makler Grundstücke verkaufen lassen und damit begonnen, das Städtchen Horizon hochzuziehen oder sich im Umland als Farmer zu versuchen. Dass man sich damit ungefragt in der angestammten Heimat der Apachen breit macht, lässt die Rothäute das Kriegsbeil ausgraben. Einem Angriff der Indianer auf die Gemeinde fallen viele der überraschten Bürger zum Opfer – und Hollywood-Star Kevin Costner nutzt den Vorfall als Einstieg in seine auf vier Teile angelegte Kino-Saga über die blutig-schweißtreibende Erschließung des amerikanischen Kontinents durch weiße Glücksritter.
Für das Genre des Western begeisterte sich Costner schon seit den frühen 1990er Jahren, als er mit seinem mehrfach Oscar-prämierten Regiedebüt „Der mit dem Wolf tanzt“ beim Publikum und bei Kritikern unisono punkten konnte. Jahrzehnte später, bei „Horizon“, ging es ihm erst recht um das Beleuchten möglichst vieler Aspekte der Eroberung des Wilden Westens. Also schrieb er am Drehbuch mit, übernahm eine der Hauptrollen, schanzte sich die Regie zu und brachte überdies einen Großteil der Finanzierung ein. Fatal nur, dass Altfilmer Costner ein altbekanntes Handicap plagt: Mehr an Details und Stimmungen als an einer dichten Erzählung interessiert zu sein. Dass „Horizon“ zu viele Geschichten an unterschiedlichen Orten anreißt und Handlungsstränge permanent ineinanderlaufen, lässt die Regie sich verzetteln. Mag sein, dass wir Zuschauer zumindest den für November avisierten Teil II abwarten sollten, um das mit verwirrend vielen Charakteren besetzte und somit unübersichtliche Breitwand-Epos halbwegs durchschauen zu können. Einstweilen dröhnt einem eher der Kopf.
D: Kevin Costner, Sam Worthington, Sienna Miller, Jena Malone, Abbey Lee, Luke Wilson, Georgia MacPhail.


Blink Twice
USA ´24: R: Zoe Kravitz. Ab 22.8. Vorankündigung Bild: Amazon MGM
Frida (Akie) arbeitet als Cocktailkellnerin – und die Chance, sich im Rahmen einer Spendengala, die Technologiemogul Slater King (Tatum) ausrichten lässt, mit dem attraktiven Milliardär näher bekannt machen zu können, kommt so schnell wohl kaum wieder. Gesagt, getan - es funkt auf Anhieb zwischen Frida und Slater King. Als der Krösus die Schöne dann sogar fragt, ob sie nicht Lust habe, ihm mitsamt einer Begleitung ihrer Wahl auf seiner Privatinsel Gesellschaft leisten zu wollen, klingt diese Einladung in Fridas Ohren eindeutig nach ´nem intimen Date. Zwar tummeln sich auf dem hochherrschaftlichen Anwesen des Milliardärs auch weitere Gäste, feiern diese neureichen Müßiggänger nie enden wollende Partys, verlustiert man sich im Pool, am Traumstrand unter Palmen oder in einem der Zimmer. Das Leben könnte so schön sein – wären da nicht diese schrecklichen Vorahnungen und Visionen, die Frida erst recht überkommen, nachdem ihre Freundin Jess (Shawkat) spurlos verschwindet.
Soweit es vorab präsentierte Sequenzen vermuten lassen, vertraut das Regiedebüt der Hollywoodschauspielerin Zoe Kravitz auf einen Mystery-Plot vor einer Traumkulisse, verspricht uns Genrekinokost für Erwachsene.
D: Naomie Ackie, Channing Tatum, Christian Slater, Alia Shawkat, Simon Rex, Kyle Maclachlan, Haley Joel Osment.


Micha denkt groß
Deutschland ´23: R: Lars Jessen. Ab 22.8. Wertung: **** Bild: Pandora Film
Lang, lang ist´s her, dass sich Micha (Hübner) zuletzt in Klein-Schappleben die Ehre gab. Und wenn er´s genau nimmt, hat sich in dem sachsen-anhaltinischen Kaff nicht allzu viel verändert, seit es ihn nach Berlin verschlug. Dort hat der Möchtegern-Selfmade-Unternehmer ein Weilchen an seiner Karriere gebastelt, ist gebauchlandet – und jetzt wieder zurück in der alten Heimat. Im Gepäck bringt der Träumer eine Vision mit: Das marode Hotel seiner Eltern in eine Wellnessoase für gestresste Großstädter umzuwandeln! Die Dorfgemeinschaft reagiert skeptisch, umso mehr soweit es Michas Vorstellungen in Bezug auf die Beteiligung der Ortsansässigen am vorgeschlagenen Projekt angeht. Lediglich die Schulfreundin des Heimkehrers, Tina (Triebel), und Michas Lebenspartnerin Jenny  (Rudziewicz) begeistern sich für das ehrgeizige Vorhaben. Für Gegenwind sorgt derweil vor allem die immer unerträglicher werdende Sommerhitze, das mit Händen zu greifende Problem mit versiegendem Grundwasser – und die kursierenden Verschwörungstheorien des pensionierten Lehrers Bernd Schlüter (Schütte). Als das Dorf dann komplett auf dem Trockenen liegt, müssen alle Klein-Schapplebener lernen, dass sich Zukunft nur gemeinsam meistern lässt.
Regisseur Lars Jessen punktet mit glaubwürdig gezeichneten Charakteren und unterhält mit einem zeitgemäßen Provinzschwank über Zusammenhalt, Egoismus, Argwohn und Vertrauen.
D: Charly Hübner, Jördis Triebel, Ulrich Brandhoff, Natalia Rudziewicz, Jan Georg Schütte.

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