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MoX Veranstaltungsjournal:
Unterschätzt29.05.2019



Eine Apotheke ist weit mehr als das, was sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Meistens bekommen die Patienten hier nur den vorderen Bereich mit den Handverkaufstischen zu sehen, die zugleich die „Freiwahl“, also die von dem Patienten frei wählbaren Nichtarzneimittel und Kosmetika, von den beratungspflichtigen Medikamenten und Präparaten trennt. Dahinter wiederum befinden sich allerlei Räumlichkeiten, die für gewöhnlich den Blicken der Patienten verborgen bleiben: Beispielsweise kommen ein Labor, ein Kühlraum, ein so genannter Rezeptur-Herstellungsraum und ein Notdienstzimmer in einer Apotheke unter. Eben dieses „weit mehr, als gedacht“ trifft auch auf den Berufsstand der freien Apothekerin zu: „Wir sind nicht nur Schubladenzieherinnen!“ sagt Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer, Inhaberin der Oldenburger Dobben-Apotheke, die noch ihre Eltern in den siebziger Jahren errichtet haben. Bereits als Kind war Gabriele Röscheisen-Pfeifer davon fasziniert, in der Apotheke der Eltern in die verschiedenen Töpfe hereinzuschauen. „Ich mochte gerne ätherische Öle, Pfefferminzblüten oder Kamille riechen, das habe ich als Kind geliebt.“ Da war der erste Anreiz für die spätere Berufswahl schon gesetzt. „Das Schöne ist, wir können den Patienten helfen. Wir sind zumeist die erste Anlaufstelle. Bei schlimmeren, chronischen Erkrankungen, deren Auswirkungen von den Patienten manchmal unterschätzt werden, leiten wir diese direkt an den Arzt weiter. Aber gerade was auch den Notdienst anbelangt, sind die Leute oftmals so dankbar, dass wir für sie da sein können.“ Die Leidenschaft für ihren Beruf sorgt auch heute noch dafür, dass sich Gabriele Röscheisen-Pfeifer vehement dafür einsetzt, dass ihre Arbeit nicht unterschätzt und auf die alleinige Abgabe von Arzneimitteln reduziert wird. Doch gerade diese Haltung ist auch in der Politik anzutreffen. „Dort denkt man oft, wir hätten so verkrustete, alte Strukturen. Das ist bei weitem nicht der Fall. Viele wissen auch gar nicht, wie digitalisiert der Alltag in einer Apotheke abläuft.“ Im Zuge der anstehenden Europawahl äußert die Apothekerin auch klare Kritik. „Wir leiden auch sehr unter der Diskussion des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten aus dem Ausland. Für die Krankenkassen und die Politik sind die Bedeutung der Apotheke verbunden mit der pharmazeutischen Kompetenz vor Ort und ihr Erhalt scheinbar nicht wichtig. Wir kämpfen insbesondere gegen die Vorschläge des Versandhandels von Herrn Spahn. Das ist ein unfairer Wettbewerb, der da von der Politik protegiert wird. Deswegen fordern wir, dass das Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel, das im Koalitionsvertrag enthalten ist, eingehalten wird.“ Überhaupt werden angehende Apotheker*innen mit einem umfassenden, vielschichtigen Wissenshorizont ausgestattet, der vielen nicht bewusst ist. Das Pharmaziestudium schult in den Bereichen Physik, Chemie, Biologie, Technologie und Pharmakologie - um nur einige Bereiche zu nennen. „Gerade die Pharmakologie wird bei uns auch sehr exzessiv gelehrt. Das ist die Wirkung der Arzneistoffe im Körper.“ Ein weiterer Schwerpunkt ist die Arzneimittelherstellung, die Technologie. Hier erlernen die angehenden Apotheker*innen wie man die Wirkstoffe in eine bestimmte Darreichungsform bring. Oder aber wie man Wirkstoffe aus einer Pflanze extrahieren kann. „Die individuelle Herstellung von Arzneien, insbesondere Kinderarzneimittel, ist ein Schwerpunkt von uns Apotheken und auch mein persönliches Steckenpferd. Diese Herstellung nennt man bei uns Rezeptur. Das ist über die Jahre sehr aufwendig geworden, denn wir haben einen sehr hohen Dokumentations-und Prüfaufwand. “ Die Kommunikation mit den Ärzten sei für die Patientensicherheit unentbehrlich. Darüber hinaus weist sie auf eine weitere Problematik hin. „Ich bin Bezirksapothekerin für die Apothekenkammer Niedersachsen. Deshalb weiß ich um die problematische Situation unserer Apotheken in der Region. Wir haben in den letzten Jahren zehn Prozent Apothekenschließungen für Oldenburg zu vermelden. Der Grund: Wir haben ein großes Nachwuchsproblem.“  

 Text und Foto: Dana Hubrich

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