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Die Marathon-Frau: Christine Böneker nimmt am Montane Spine Race in England teil08.01.2020





Text | Britta lübbers
Foto: privat

Sportlich wirkt sie, offen und positiv. Vor knapp sieben Jahren wog sie noch 102 Kilo und kam beim Treppensteigen aus der Puste. Heute läuft sie Distanzen von bis zu 170 Kilometern, ein Ende ist nicht absehbar. Im Gegenteil. Das Alter spiele beim Ultramarathon keine entscheidende Rolle, erklärt sie. „Mehr Lebenserfahrung wirkt sich positiv aus.“ Auch das Geschlecht ist nicht so bedeutsam wie in anderen Sportarten, weiß die Mutter einer Tochter. „Wichtig sind die mentalen Aspekte.“ Frauen seien meist leidensfähiger als Männer, was ihnen auf fordernden Etappen durchaus nützlich sein könne. Stichwort Leidensfähigkeit: War es schwer, sich die Kilos abzutrainieren und fit für die Langstrecke zu werden? Christine Böneker, die Mitglied bei den Ultrafriesen ist, einem Verein von Ultraläufern aus der Region, verneint. „Sport hat mir schon vorher Spaß gemacht, daran konnte ich anknüpfen.“ Im April 2013 fasste sie den Entschluss, zu ihrer alten Form zurückzukehren – erreicht hat sie eine neue Fitness. „Das hat sich einfach so entwickelt“, konstatiert sie bescheiden. Sie stellte ihre Ernährung um und nahm das Lauftraining auf. Im September 2013 schaffte sie beim Dangaster Deichlauf die Fünf-Kilometer-Distanz, im März 2014 lief sie in Hamburg Halbmarathon, 2015 dann Marathon. Sowohl 2018 als auch 2019 nahm sie an der Brocken Challenge teil, einem Wohltätigkeitsmarathon über 80 Kilometer. Seit 2015 absolvierte Christine Böneker insgesamt 49 Ultramarathons und Marathons. Im Sommer 2019 lief sie beim Goldsteig Ultrarace eine Distanz von 166 Kilometern, nonstop, versteht sich. „Es ging durch eine tolle Landschaft“, schwärmt sie. Nimmt man die denn überhaupt wahr? „Oh ja“, lautet die Antwort. „Es gibt immer wieder Momente, in denen die Umgebung fasziniert. Wenn nach einer durchlaufenen Nacht über den Bergen die Sonne aufgeht, das ist einzigartig.“
Das Ziel ist das Ziel! Jetzt hat Christine Böneker einen ganz harten Brocken vor sich: Sie geht im Januar beim Montane Spine Race in England an den Start, einem Non-Stopp-Rennen durch extrem herausforderndes Terrain. Die Winter auf dem Pennine Way, der u.a. durch die Yorkshire Dales und den Northumberland Nationalpark führt, sind in der Regel sehr hart. Schnee und Eis oder starke Winde und Dauerregen bringen die Läuferinnen und Läufer regelmäßig an ihre Grenzen. Die Gesamtstrecke ist 268 Meilen (430 Kilometer) lang. Wer sie bewältigen will, kämpft auch gegen Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafentzug. 2019 machte die britische Ultraläuferin Jasmin Paris das Rennen. Sie schaffte den Pennine Way in 83 Stunden. Es war das erste Mal, dass eine Frau als Siegerin durchs Ziel lief – und sie unterbot die 2016 aufgestellte Bestzeit um zwölf Stunden.
Die gesamte Strecke will Christine Böneker aber nicht bezwingen. Sie läuft den Challenger-Spine, eine verkürzte Tour von 108 Meilen (172 Kilometern). Kälte und Feuchtigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung werden aber auch ihre Begleiter sein. Rund 140 Starter sind beim Challenger-Spine dabei, knapp 25 Prozent sind Frauen. Christine Böneker wird mit einem Laufpartner auf die Strecke gehen. Die beiden sind ein erprobtes Team. „Wir ergänzen uns gut“, sagt sie. „Wir können miteinander reden und schweigen.“ Phasen schlechter Laune beim Gegenüber ertragen sie auch. Rund neun Kilo Gepäck wird sie dabeihaben. Es ist vorgeschrieben, sich mit Schlafsack, Kocher und Wechselwäsche, mit Trekkingnahrung, einem Navi und einem Notfall-Button auszustatten. Auf der Strecke ist ein einziger Checkpoint eingerichtet, wo die Läuferinnen und Läufer sich ausruhen, vielleicht auch schlafen können. Allerdings geht eine solche Pause von der Gesamtzeit ab. Und die ist limitiert. Vom Start bis zum Wiederaufbruch vom Checkpoint dürfen nicht mehr als 24 Stunden vergehen. Wer hier länger braucht, der ist draußen. „Der zweite Teil wird dann richtig hart“, sagt Christine Böneker. Der Weg ist länger, eine nächste Ruhestation aber gibt es nicht. Etwa 5500 Höhenkilometer sind zu überwinden, „es geht auf und ab.“
Sechs Tage die Woche trainiert die Ultrafriesin, dazu gehören Laufen, Krafttraining und Nordic Walking. Vor schwierigen Läufen zieht sie das Tempo an, so auch jetzt. Und bei aller Bewunderung für ihr leidenschaftlich gelebtes Hobby drängt sich schon die Frage auf: Warum tut sie sich das an? „Weil es unglaublich erfüllend ist.“ Sie ziehe Ruhe und Kraft aus dem Laufen, so Böneker. Zugleich glaubt sie, dass die Marathon-Bewältigung auch eine gute Probe für die Lebensbewältigung ist. „Ich lerne, nicht so schnell aufzugeben, trotz Mühe ans Ziel zu kommen. Ich erlebe, dass man aus Tiefphasen auch wieder herausfindet.“
Was ist ihr Ziel für den Lauf in England? Die Antwort kommt postwendend: „Dass ich das Ziel erreiche.“ Und kann sie sich vorstellen, irgendwann die Gesamtstrecke zu wählen? Christine Böneker überlegt einen Moment, dann lächelt sie. „Also ausschließen würde ich das nicht.“

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