Filme im Kino

Tausend Zeilen23.09.2022

Autor: Horst E.Wegener
Dass sich in den USA angesichts der kaum einzudämmenden Flüchtlingswelle unweit der Grenze schussbereite Bürgerwehren bilden, wird von der Redaktionsleitung des deutschen Nachrichtenmagazins Chronik als titelwürdig eingestuft. Zusammen mit Starreporter Lars Bogenius (Nay) setzt man den freien Journalisten Juan Romero (M´Barek) aufs brisante Thema an, erhofft sich von ihrer Recherche beiderseits der Grenze auflagesteigernde News. Während Romero erhebliche Schwierigkeiten hat, Interviewpartner in Mexiko aufzutun, kennt Bogenius solche Probleme auf seiner US-amerikanischen Seite scheinbar kaum. Beim Lesen von dessen Textpassagen fallen Romero dann allerdings Ungereimtheiten auf, die die Edelfeder weder ausräumen will noch kann. Redaktionsintern wird der Verdacht, Bogenius müsse sich manches ausgedacht haben, ignoriert. Je verbissener Romero Beweise für diese Anschuldigungen sucht, desto mehr setzt er das eigene Privat- und Berufsleben aufs Spiel.  
Der Skandal um den lange mit Journalistenpreisen überhäuften Starreporter Claas Relotius und seine vielen für Spiegel und Co gefälschten Artikel – anno 2018 von Autor Juan Moreno aufgedeckt und zu einem Tatsachenbestseller verarbeitet – dient als sehr freie Vorlage für „Tausend Zeilen“. Dass Regisseur Michael Bully Herbig den eitlen Redaktions-Allgewaltigen den Spiegel vorhält, mag erheitern, dass er nie umschaltet, um Bogenius´ Motive für sein Tun ernsthaft zu hinterfragen oder gar anzuprangern, verharmlost die Auswirkungen. Eine Prise Sarkasmus oder Zynismus à la „Schtonk“ hätte „Tausend Zeilen“ gut getan. So bleibt das Ergebnis im mainstreamig-gefälligen stecken; schade!  
D: Elyas M´Barek, Jonas Nay, Ibrahim Al-Khalil, David Baalcke, Christian David Gebert, Michael Maertens, Jeff Burell, Christian Heiner Wolf, Marie Burchard, Kurt Krömer.