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Kein Wunder25.10.2023

Kein Wunder

Text: Thea Drexhage Foto: Annika Weertz
Musikwettbewerbe in ihrer Jugend und Auftritte am Thübinger Theater führten letztendlich dazu, dass sie 2009 ihren Musikerkollegen Matze Pröllochs kennenlernte, mit dem sie unter dem Namen „Me and My Drummer“ in den 2010er Jahren auf sich aufmerksam machte. Bis 2018 spielten die beiden englischsprachigen Dreampop und tourten quer durch Europa, bevor sie sich 2018 trennten und Brandi sich auf Solopfade begab. Der englischen Sprache blieb sie noch ein Album lang treu bevor 2020 mit „An das Angstland“ die erste deutschsprachige EP folgte. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich fest behaupten, dass Brandi ihre Stimme gefunden hat. Auf dieser EP singt sie über das Frau sein, über Geschlechterrollen und über Wut im Stil der französischen Chansons. Für das emotionale Stück “Wind’ hat sich Brandie niemand geringeres als Tocotronics Dirk von Lowtzow als Duettpartner mit ins Boot geholt. Ihre deutschen Texte sind ungewohnt vertrackt, nicht immer im ersten Moment greifbar, mal sperrig und dann doch wieder fließend und damit ganz eigen. Die EP, geprägt von der Coronazeit, konnte bei der Fachpresse bereits punkten. Ihr jüngstes Album „An den Alptraum“, das in diesem Jahr erschien, konnte sich dann vor positiven Kritiken kaum retten. „Ein Juwel. Beunruhigend und betörend zu gleich“, tönte es beispielsweise vom Rolling Stone. Auf dem Cover steht Brandi in leuchtendes Licht gehült und ein Schwert über dem Kopf schwenkend. Zeit zur Abrechnung? Die Songs der Platte sind direkt, kantig und längst nicht dazu ausgelegt, in die hübsche Popschublade, in die sich noch immer viel zu viele Musikerinnen zwanghaft quetschen wollen, zu passen. Brandi verarbeitet auf diesem Album, wie der Titel, der auch an die Entstehung in den schweizer Alpen angelehnt ist, es bereits verrät, ihre Albträume aus Schlaf- und Wachzustand.
Bereits die Eröffnung „Der Ekel“ geht a-capella, fast schon im Barockstil, ins Gericht mit jenen missgünstigen Herren der Schöpfung, mit denen sich eine Frau in ihrer Kindheit, im Erwachsenenalltag und wohl erst recht im Musikerinnenleben rumschlagen muss. „Du findest mich eklig/ Bist mir nicht gerne nah/ Du musst meine Lieder ausmachen/ Wenn jemand sie anmacht/ Es ist nicht ob ich mit dir schlafe oder nicht / Selbst meine Texte sind so schön wie ein Gedicht/ Erst war’s mein Gestus jetzt/ Ist es mein Gesicht/ Nein jetzt doch die Stimme, Junge/ Entscheide dich“, heißt es darin.
Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Ideen bekommt sie dabei ausschließlich von Berufskolleginnen – das Besondere an diesem Album ist nämlich, dass sich Brandi für die Produktion ausschließlich Unterstützung von FLINTA* geholt hat. Laut Brandi würde es kein Album auf dem deutschen Markt geben, dass ausschließlich durch weiblich gelesene Personen produziert worden sei. So machte Brandi es sich zur Aufgabe, mit der Bequemlichkeit zu brechen, zu bekannten Produzenten zu greifen, sondern sich ein ganz eigenes Team zusammenzustellen und Herrin über die eigenen Entscheidungen zu sein. „Ich habe mich während der Albumproduktion zum ersten Mal kein einziges Mal gefühlt wie ein kleines Mädchen.“, verrät Brandi über den Prozess. Mitmusikerinnen und Menschen für das Mixing und Mastering zu finden und diese auch fair zu entlohnen ist eine große Herausforderung, denn der Markt ist noch immer sehr sehr klein. Die andere war es, eine weiblich gelesene Produzentin zu finden. Dies gelang Brandi nicht, weshalb sie diese Aufgabe kurzum selbst übernahm. Stilistisch legt sich das Album entgegen der EP nicht auf einen Stil fest und wandelt zwischen Chanson, Pop und Folk – der Tenor ist ein freundlich-positiver, zumindest klanglich. Brandi kritisiert ihre Gegner mit scharfer Zunge hinter einem freundlich-naiven Lächeln, ohne sich auch bei den wütendsten Texten aus der Contenance bringen zu lassen.

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