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Die Kulturetage nach Corona17.01.2023



Interview und Foto: Thea Drexhage

MoX: 2023 – neues Jahr, neues Glück. Was steht an in der Kulturetage?
Andreas Holtz:  Oh, ich freue mich sehr auf Begegnung und Wiedersehen mit tollen Liedermachern wie Pippo Pollina aus Italien, der wird sein neues Album „Canzoni Segrete“ vorstellen mit einem akustischen Quintett aus Palermo. Ich fand die letzte Show von Pippo hier einfach ganz herzerwärmend und wertvoll. Und zum Thema Liedermacher ist meine große musikalische Entdeckung der letzten Jahre ein Mann aus Ostdeutschland, der ähnlich wie sein Pendant Rio Reiser sehr früh gestorben ist, nämlich Gundermann. Und da haben sich Andreas Dresen, der Starregisseur, und Alexander Scheer, der Star-Bühnenschauspieler (der u.a. Bowie gespielt hat für das Lazarus Musical auf großen deutschen Bühnen) zusammengetan und bereits 2019 das Leben von Gundermann auf die Leinwand gebracht. Leider kam dann die Pandemie dazwischen, denn es sollten auch Bühnenshows folgen, aber die wurden nach und nach abgesagt und ganz wenige konnten den letzten Sommern stattfinden. Das Projekt wird jetzt endlich hier stattfinden, das sind in der nahen Zukunft auf jeden Fall meine großen Highlights. Im Frühjahr haben wir endlich wieder ein tolles Jazzprojekt mit Wolfgang Haffner und seiner Magic Band und es gibt auch endlich mal wieder ein World Music Konzert mit Sona Jobarteh, einer Koraspielerin aus Gambia, die erste Frau aus dieser Region, die die Kora in die Hand genommen hat.
MoX: Ein kurzer Blick zurück:  Verschiebungen, Absagen, Krankheiten – wie viele der geplanten Veranstaltungen konnten in den letzten beiden Jahren in der Kulturetage eigentlich stattfinden?
Andreas Holtz: Ich kann das so gar nicht sagen. Ich habe das gesamte Jahr 2021 als eine sehr surreale und bleierne Zeit wahrgenommen, in der man wie Sisyphus versucht hat, etwas aufzubauen was nie möglich war. Leider konnten wir nicht in die Glaskugel schauen und ahnen, dass eine erneute Verschiebung oder das Einkaufen einer neuen Veranstaltung völlig sinnfrei ist. Man hat immer geglaubt, dass spätestens in 3 Monaten alles vorbei ist, aber wie wir jetzt alle wissen, hat das noch ein bisschen länger gedauert. Von daher waren die ersten Konzerte im Mai 2022 mit Bukahara und Culcha Candela echt große Partys und eine große Befreiung. Auch den Kultursommer 2021 auf dem Prinzenpalaisplatz habe ich als wunderschön und bereichernd empfunden. Im Detail kann ich aber nicht sagen, wie viel am Ende abgesagt wurde. Ich weiß nur, dass man sich in gesamt Deutschland in der Kultur hätte verabreden sollen, um zu sagen: wisst ihr was, wir beenden jetzt mal kurz alles und lassen diese ganzen Versuche, die letztendlich zu noch mehr Verschiebungen geführt haben, sein. Shows wie die mit der Antilopen Gang oder Selig haben wir jeweils 5 Mal verschoben und das ist völlig irre. Am Ende wurden in der Kulturetage mit dem Theater und den soziokulturellen Räumen sicherlich hunderte Veranstaltungen verschoben.
MoX: Jüngst gab es dann auch Klagen über die einbrechenden Ticketverkäufe. Haben Sie eine Erklärung dafür oder Feedback von Gästen erhalten?
Andreas Holtz: Grundsätzlich gibt es Angebote oder Themen für jüngere und für ältere Gäste. Wenn wir zunächst über unsere Angebote für jüngere Gäste sprechen und ich dann auf die Ticketverkäufe schaue oder darauf, ob ältere Tickets behalten wurden, wie bei der Antilopen Gang oder Bukahara, dann kann man fast zu 100% sagen: wurden sie. Andererseits, für jüngere Gäste haben wir auch ein mit Neustart-Kultur-Geldern gefördertes Talentprojekt am Start, wo die Gäste einfach gesagt haben: ne sorry, das wollen wir nicht. Bitte keine Experimente. Der Run auf populäre Themen bei Jugendveranstaltungen ist auf jeden Fall zu spüren. Früher wurde sich auch ein bisschen mehr für Musik abseits der Formate interessiert. Heute ist es so, dass sich viele junge Menschen sehr schnell auf Hip-Hop und Indie-Themen einigen und diese erfolgreichen Acts dann rasant schnell, schneller als früher, ausverkauft sind. Wir haben im April und Mai diesen Jahres Konzerte mit Schmyt und 01099, auf die ich und meine Kinder uns tierisch freuen, für die wir ein halbes Jahr vorher ausverkauft waren. So ein Phänomen gab es früher nicht. Für junge Leute gilt: Populäre Themen laufen wie geschnitten Brot. Experimentelles und ambitioniertes eher nicht. Für ältere Gäste hat es gedauert, bis wir wieder auf Betriebstemperatur waren. Da waren wir im April bei der Auslastung erst bei 50% und über die Monate ging es dann auf den November/Dezemberstand bis zu 90%. Dort hörte ich bei Gästen oft: „Wir haben noch so viele Tickets über und wir wollen auch kein unnötiges Risiko eingehen.“ Ich will damit nicht sagen, dass die jüngeren Menschen furchtloser sind, aber gerade ihnen wurde ja ein Ausgehen unmöglich gemacht, Stehshows waren verboten.
MoX:  Warum gibt es dann in der Kulturetage nicht mehr Konzerte für junge Menschen?
Andreas Holtz: Die einfache Antwort ist: die Stadt Bremen. Aus meiner Sicht verhalten sich die großen Bremer Veranstalter nicht kooperativ. Die Kolleg*innen dort sagen bzw. diktieren den großen Agenturen: Wenn Bremen, dann nicht Oldenburg! Dabei verfügen sie ohnehin über Wettbewerbsvorteile, mit denen sie uns die Künstler*innen wehnehmen. Wenn wir frühzeitig in Kontakt sind zu Agenturen angesagter Acts, dann kriegen wir zu hören: „Naja wir sind auch im Kontakt mit Bremen, eine Medienstadt mit eigenem TV und Radiosender mit flexiblen Hallen von 800 über 1500 bis 6000 Gästen, wir gehen nach Bremen, sorry.“ Nur in seltenen Fällen gelingt es uns, auf Grund guter und langjähriger Kontakte Erfolg zu haben, dass ein Konzert einer erfolgreichen jungen Band in Bremen UND Oldenburg möglich sein kann. So haben wir kürzlich auch das Rennen um BHZ verloren, einer der angesagtesten jungen Hip-Hop Acts, von denen ich weiß, dass sie in Oldenburg eine Szene haben, die aber jetzt im Pier 2 spielen. Bis vor 5 oder 10 Jahren war es so, dass, wenn ein Act im Schlachthof oder Modernes gespielt hat, dass auf der Folgetour auch in Oldenburg Halt gemacht wurde. Mittlerweile ist die Tendenz aber so, dass die Agentur dann eher nochmal in Bremen in eine größere Halle geht. Vielleicht müssen wir uns da auch in Oldenburg untereinander mehr vernetzen und schauen, wie wir gemeinsam spannende Jugendkultur in die Stadt holen können.
MoX: Ein letzter Blick zurück: Konnten Sie auch etwas Gutes aus den letzten beiden Jahren ziehen?
Andreas Holtz: Es fällt mir wirklich schwer, auch nur irgendetwas Positives im Rückblick auf Corona zu finden, aber ich habe den Eindruck, dass die jeweiligen Beziehungen zu den vielen Agenturen ‘ne Spur herzlicher geworden sind. Verkäufer und Käufer sind da doch irgendwie zusammengerückt und es geht etwas interessierter und wärmer zu. Vielleicht ist auch etwas mehr dadurch möglich geworden.  

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