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Naturkosmetika ohne Firlefanz - Schluss mit Palmöl, Konservierungsstoffen und Co22.02.2022



Text: Horst E. Wegener
Fotografin: Caroline Lehnigk
Der Verzicht auf Konservierungsstoffe, tierische Fette, künstliche Farbstoffe und das in Verruf geratene Palmöl lässt längst nicht mehr nur jene Konsumenten, die unter Neurodermitis leiden oder eine Duftstoffallergie haben, verstärkt nach fair gehandelten Naturprodukten Ausschau halten. Ohnehin herrscht Einigkeit darüber, dass derlei Bio-Versprechen selten von Kosmetikkonzernen, sondern fast ausschließlich von Manufakturen und Einzelkämpfern eingelöst werden. Und natürlich stellt man sich diese Überzeugungstäter dann gern als in sich selbst ruhende, zufriedene Menschen vor. Eine Einschätzung, der Claudia Schreiber mit Sicherheit zustimmen würde - schon allein, da sie die Gründung ihrer Naturkosmetik-Manufaktur Martha‘s Corner vor vier Jahren nach wie vor als „die beste Entscheidung“ ihres Lebens bewertet.
Seit Oktober 2021 hat die 53-Jährige ihren kleinen Laden im Bremer Stadtteil Findorff  gegen eine neue Wirkungsstätte in den Räumlichkeiten einer früheren Kaffeefabrik in der Überseestadt getauscht. Dort hat sie endlich Platz genug, um etwa die Produktion ihrer Naturseifen zu vervielfachen: Statt hundert Seifen können locker tausend auf einmal hergestellt werden – und wer will, kann sich den Entstehungsprozess jetzt sogar vor Ort in Schreibers gläsernem Showroom anschauen. Das Vorbeischauen lohnt sich, garantiert sinnliche Erlebnisse für Augen und Nase. Natürlich sieht, riecht und fühlt  man als Besucher der kombinierten Werkstatt-Verkaufsräume am besten, wie die Firmenchefin tickt. Aber auch dem  Onlineshop-Bezieher von Martha‘s Corner-Produkten erschließt sich die Philosophie des Betriebs im Nu. Wer die Seifen, Cremes oder Peelings näher betrachtet, wird das minimalistische Design, die konsequente Verwendung von Biorohstoffen oder den Einsatz von Recyclingpapier bei der Verpackung schätzen lernen – Claudia Schreiber schwört zudem auf eine rückverfolgbare, faire Produktion. Shea-Butter und Babassu-Öl etwa bezieht die Gründerin von kleinen Frauenkooperativen in Ghana und Brasilien, das Kokosöl kommt von einer Landarbeiterkooperative von den Philippinen. Als Düfte werden ausschließlich naturreine ätherische Öle eingesetzt. Farbstoffe stellt die Wahlbremerin selbst aus Wurzeln und Pflanzensamen her.
Dass sie sich einmal selbstständig machen könnte und ihre Brötchen mit Seifen sieden oder Cremes anrühren verdienen würde, hätte sich die gebürtige Oldenburgerin, die in Bremerhaven-Lehe groß wurde, nie träumen lassen. Ursprünglich hatte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolviert und diese durch ein BWL- und Jura-Studium ergänzt, um hernach als Wirtschaftsjuristin bei einer großen Hamburger Firma die Nacht zum Tage machen zu müssen. Das Gefühl, von den männlichen Kollegen und vielen Geschäftspartnern trotz ihrer Qualifikation wie eine Tippse behandelt zu werden, die man am liebsten zum Kaffeekochen abstellen würde, ließ Schreiber irgendwann den Arbeitgeber wechseln. An kräftezehrenden Arbeitszeiten änderte das wenig – außer, dass sich die ehrgeizige Top-Juristin noch mehr ins Zeug legte. Anno 2013 bauchlandete sie mit einem Burn-out in einer Klinik. Und die Erkenntnis reifte, dass es so nicht weiter gehen dürfe. Warum nicht ein erprobtes Hobby zur Berufung ausbauen? Eine Dokumentation im Fernsehen über Palmöl - einerseits eine hervorragende Basis für Seifen, gleichwohl in Verruf geraten, weil dafür Regenwälder gerodet, Tierarten ausgerottet und Menschen vertrieben werden -, hatte Schreiber schon vor Jahren dazu gebracht,  ihren Eigenbedarf an Seifen palmölfrei selbst herzustellen. Die Erzeugnisse waren längst auch im Freundes- und Bekanntenkreis begehrt, so dass der Gedanke an die Gründung einer Seifenmanufaktur durchaus Charme hatte – selbst für eine auf Sicherheit bedachte Person wie Schreiber, die nie scharf gewesen war, sich selbstständig zu machen.
Hochmotiviert stürzte sich die Hobby-Seifensiederin bereits im Vorfeld ihrer Firmengründung erneut in eine Arbeits- und Weiterbildungsphase, um sowohl inhaltlich als auch unternehmerisch fit zu werden. Wer hätte schon gedacht, dass bei der Herstellung von Kosmetika kleine Manufakturen dieselben Kriterien erfüllen müssen wie ein Konzern: Jedes Produkt und jeder einzelne Inhaltsstoff ist durch ein unabhängiges Labor sicherheitsbewertet, um der EU-Kosmetikverordnung zu entsprechen. Das regelmäßige Lesen wissenschaftlicher Studien bleibt für Schreiber nach wie vor Pflicht, um jederzeit auf dem neuesten Stand zu sein. Wo fair drauf steht, soll schließlich auch fair drinstecken. Zu den Seifen sind Shea-Pflege-Cremes, Deos, Lippenpflege, Peelings und Wascherde-Produkte dazugekommen; Markengesicht und Namensgeberin von Martha‘s Corner ist eine von Schreibers Katzen. Zwar beschert die hohe Nachfrage nach Erzeugnissen ihrer Manufaktur der Firmenchefin am neuen Standort Überseestadt erst recht Arbeitstage von 16 Stunden – allerdings mit dem Unterschied zum einst krankmachenden Angestelltenstatus, dass frau jetzt voll und ganz zu ihrem Handeln und Tun stehen kann. Dass ihre Produkte gewertschätzt werden, macht die 53-Jährige glücklich. Und solange sie sich nicht überlastet fühlt, ist ein erneuter Burnout kein Thema.
Claudia Schreibers Seifen- und Naturkosmetikprodukte bestehen aus hochwertigen pflanzlichen Rohstoffen aus kontrolliert biologischem Anbau. Sind nachhaltig hergestellt und werden ohne jeglichen „Firlefanz“, so die Firmenphilosophie, verpackt und verkauft. Erhältlich sind die Qualitätsprodukte im Bremer Überseestadt-Showroom oder im öko-bewussten Einzelhandel sowie im Online-Shop via marthas-corner.de.

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