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UVC Killer12.05.2021



Text: Horst E. Wegener


Anfangs war der Professor aus dem brandenburgischen Städtchen Friedrichswalde nur auf der Suche nach einem speziellen Raumluftreinigungsgerät für seine Frau, der es als Risikopatientin den Alltag erleichtern sollte. Doch keins der begutachteten Modelle konnte die erforderlichen Eigenschaften hinsichtlich Volumenstrom und Lautstärke erfüllen.
Also beschloss Lederer einen eigenen Apparat zu konstruieren, was ihm als früherem Direktor der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt leicht fiel. Er musste nur berechnen, wie viel UVC-Strahlung es braucht, um die ins Gerät eingesaugte Luft zu sterilisieren – und das Ergebnis anschließend auf mehrere Modelle ausweiten, die sich dank variabler Leistungsstärke für unterschiedlich große Räume eigneten.
Im nahen Berlin fand Lederer eine auf Lüftungsgeräte spezialisierte Firma, in der man gemäß den Vorgaben des Wissenschaftlers mit dem Bau einiger Prototypen begann. Die Marktlücke erkennend, schlug Berliner-Luft-Geschäftsführer Andreas von Thun dem Brandenburger eine Zusammenarbeit vor. Gesagt, getan - der Verkauf der umgehend in Serie produzierten pure-Raumluftreinigungsmodelle läuft bestens.
Ohnehin sind Desinfektionsgeräte auf Basis von UVC-Strahlen derzeit stark gefragt – landauf, landab. Und ganz egal, ob sie von kleinen Betrieben, Start-ups oder großen Firmen konzipiert wurden. Da hat etwa eine ansonsten im Metallbau-Bereich tätige Firma im Oberbayrischen eine Virenkiller-Lampe entwickelt, die derzeit in den Praxisräumen des Unterschleißheimer Allgemeinarztes Dr. Friedrich Kiener ihren Alltagstestbetrieb absolviert. Der Spezialfahrzeughersteller Binz testet zusammen mit Forschern des Fraunhofer Instituts für Optronik im thüringischen Ilmenau ein System, das mit UVC-Leuchtdioden den Innenraum eines Krankenwagens komplett bakterien- und keimfrei macht. In der Stadt München brütet eine Start-up-Firma über einer Idee für die U-Bahn-Bereiche, bei der man im Rücklauf sämtlicher Rolltreppen-Handläufe über eingebaute Module UVC-Licht freisetzt, um die DNA der Mikroorganismen binnen Sekunden zu zerstören. Derweil kann der Hersteller Heraeus Noblelight, ein weltweit aktiver Spezialist für Entkeimungsanlagen mit UVC-Licht auf den schon zu Beginn der COVID-19-Pandemie erhaltenen Zuschlag verweisen, den Flughafen in Singapur mit einem UVC-System auszurüsten. In der Folge vereinbarte die Stadt Hanau mit Heraeus im Herbst ´20 eine Kooperation, um ähnliche Anlagen in den Schulen, Kitas und Bussen der hessischen Stadt installiert zu bekommen. Letztes Beispiel: Testort Hamburg – wo der Lichttechnik-Hersteller Signify, der einst Philips Lightning hieß, gemeinsam mit der Supermarktkette Edeka ein bis ins Frühjahr ´21 verabredetes Pilotprojekt auslotet, bei dem seit vergangenem November hoch droben an der Decke der Barmbeker Filiale 31 UVC-Prototypen die Luft ansaugen und reinigen; nach Auswertung der Testphase überlegt Edeka jetzt, das Luftreinigungssystem bundesweit einzusetzen.
Spezialisten der Beratungsfirma Allied Market Research bezifferten das Marktvolumen für UVC-Desinfektionsanlagen zum Jahreswechsel 2020/21 mit rund einer Milliarde Euro, prognostizieren eine Vervierfachung bis 2027!  
Dabei ist die Idee, Viren mithilfe von sehr energiereicher UV-Strahlung auszulöschen, alles andere als neu. Entsprechende Apparate wurden bereits in den 1940er Jahren in OP-Sälen eingesetzt, ebenso zur Desinfektion von verkeimtem Wasser und von Raumluft in Krankenzimmern. Allerdings geriet diese Methode ins Abseits, nachdem es sich herausstellte, dass die verwendete UVC-Strahlung beim Menschen zu Sonnenbränden, Hautkrebs und einer Eintrübung der Augenlinse führt. Die Folge: Ärzte und Patienten mussten umständlich geschützt werden. Nur die Wasserentkeimung mit UVC-Strahlen wurde weiterhin in geschlossenen Anlagen betrieben. Zudem sind seit neuestem kleine Boxen populär, die Smartphones auf diese Weise desinfizieren.
„Wenn man genauer hinschaut, kann man die negativen Wirkungen auf den Menschen aber womöglich verhindern“, ist sich Sven Einfeldt vom Ferdinand-Braun-Institut für Hochfrequenztechnik (FBH) in Berlin sicher. Es kommt nämlich sehr darauf an, welche Wellenlänge die UVC-Strahlung exakt hat, untermauert Einfeldt seine These: „Die üblicherweise verwendeten Lampen strahlen mit einer Wellenlänge von 254 Nanometer. Benützt man dagegen 233 oder 222 Nm, macht das einen großen Unterschied“. Die etwas kleinere Wellenlänge führt dazu, dass diese UVC-Strahlung praktisch nicht mehr in die menschliche Haut eindringen kann. Trotzdem ist sie weiterhin in der Lage, Keime zu zerstören.
Dass diese Technik auch gegen Sars-CoV-2 hilft, belegen sowohl Studien aus Japan als auch den USA. Wissenschaftler der Universität Kobe fanden im Vorjahr gemeinsam mit Forschern der Boston University heraus, dass die Coronaviren zu 99 Prozent zerstört werden, wenn sie einer Strahlung ausgesetzt sind. Als treibende Kraft hinter solch optimistisch stimmenden Feldversuchen gilt vor allem das Team des Radiologen David Brenner von der Columbia University in New York, das UVC-Lampen testet, die im Bereich von 222 Nanometer arbeitet. Nach Angaben der US-Wissenschaftler zerstört diese Speziallampe 99,9 Prozent der Coronaviren in Aerosolen.
In Berlin tüfteln Forscher und Ingenieure des von Wissenschaftler Einfeldt zusammengetrommelten Teams mittlerweile an einem prototypischen UVC-Strahler, der von der Dermatologie an der Charité sowie am Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universität Greifswald getestet wird – bestückt mit 118 neuartigen UVC-Leuchtdioden, die mit einer Wellenlänge von 233 Nm arbeiten. Von Vorteil gegenüber den US-Prototypen: LEDs sind extrem kostengünstig in Serie herzustellen und können auf wesentlich kleinerem Raum untergebracht werden. Osram will in Kürze den ersten handlichen UVC-LED-Strahler auf den Markt bringen, der das Coronavirus im Alltag bekämpfen soll. Und selbst für nach-pandemische Zeiten sehen Mediziner Vorteile im Kampf gegen jene Erreger, mit denen sich Menschen immer wieder im Krankenhaus infizieren. In Deutschland sind das pro Jahr 600 000 Patienten, etwa 20 000 von ihnen sterben daran. Auch deshalb, weil es immer mehr Keime gibt, die gegen die gängigen Antibiotika resistent geworden sind.

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