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Furchlos für die Freiheit: Ossietzky Preisträgerin Ágnes Heller gestorben07.08.2019



text  |  Christoph Kienemann

Als Jugendliche musste Ágnes Heller am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn eine Gesellschaft durch Unterdrückung, Rassismus und die Verachtung von Menschenwürde bestimmt wird. Mit ihrer Mutter entging Heller mehrmals nur knapp einer Deportation durch die Nationalsozialisten, ihr Vater wurde hingegen in einem Konzentrationslager ermordet. Diese Erfahrungen prägten das Leben von Ágnes Heller. Beeindruckt von den Ansätzen George Lukács studierte sie in Budapest Philosophie. Bereits in ihrem Erstlingswerk „Der Mensch in der Renaissance“befasste sich heller mit den Themen Leben und Freiheit als die obersten gesellschaftlichen Werte. Unterdrückt durch das kommunistische Regime, floh die Philosophin nach Australien und wurde Nachfolgerin von Hannah Arendt am Lehrstuhl für Philosophie an der New School for Social Research in New York. Hellers Leben ist dabei geprägt von einem steten Engagement für eine freiheitliche Gesellschaft und gegen totalitäre Staatsformen. Bereits 1968 kritisierte sie die Besatzung der Tschechoslowakei durch Truppen des Warschauer Paktes, wodurch sie erneut mit einem Publikations- und Reiseverbot belegt wurde.
Als lautstarke Intellektuelle kritisierte Heller vor allem die Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Letzterer ist ein Verfechter der sogenannten „illiberalen Demokratie“. Seit dessen Wiederwahl im Jahr 2010 baute Ungarns Regierungschef Staat, Wirtschaft und Gesellschaft radikal um, inklusive der Verabschiedung zahlreicher einschränkender Gesetze mit Verfassungsrang im Medien- und Justizbereich. Orbán ist auch einer der Hauptverfechter einer restriktiven Flüchtlingspolitik, die sich für eine Abschottung Europas einsetzt und Urheber einer antisemitischen Kampagne gegen den ungarischen Milliardär George Soros ist. Heller wandte sich gegen die Politik Orbáns, da dieser für sich in Anspruch nehme, für alle Ungarn zu entscheiden und zu denken und verspreche, ihnen auf diese Weise alle Sorgen abzunehmen. In der Tradition Kants, entspricht dieser Ansatz aber dem Gegenteil einer freien Gesellschaft und führt nach Heller in den Totalitarismus. Ihr Einsatz für eine freiheitliche Gesellschaft machte sie zudem zu einer Zielscheibe für die Repressionen des Orbán-Regimes.
Für ihr gesellschaftliches Engagement und ihre wissenschaftliche Exzellenz wurde Ágnes Heller vielfach ausgezeichnet. Im Jahr 2012 erhielt sie den Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg: „aufgrund ihrer Furchtlosigkeit, mit der sie zeitlebens unter wechselnden Regimen ihren eigenen Überzeugungen gefolgt ist. Als europäisch und kosmopolitisch denkende Intellektuelle gibt sie einem verängstigten Europa ein eindrucksvolles Beispiel“, begründete die Jury damals ihre Entscheidung. Darüber hinaus erhielt Heller den Lessing-Preis der Stadt Hamburg, den Hannah-Arendt-Preis der Stadt Bremen und den Széchenyi-Nationalpreis Ungarns. Bei allen Auszeichnungen betonte Heller immer wieder die wichtige Rolle, die ihre Freunde und MitstreiterInnen spielten, mit denen sie protestierte und die oftmals ihre Karriere riskierten.

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