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DIABOLO Wochenzeitung:
Fluss und Rhythmus des Lebens _ BallettCompagnie Oldenburg tanzt im großen Haus18.04.2019



Text  |  Martina Burandt
Foto: Stephan Walzl

Hell leuchten die drei langen Metallstangen, immer wieder neu gehalten von drei Tänzern und drei Tänzerinnen im Licht der dunklen Bühne. Körper und die Linien der Stangen bilden geometrische Formen, Räume, Grenzen und immer neue Verbindungen. Solos, Duos, kleine Gruppenchoreografien mit unterschiedlichen Hebungen, mit kreisenden, meist fließenden Bewegungen, die sich wieder und wieder mit geometrisch-formalen abwechseln.
Auch  die Konstellationen zwischen Männern und Frauen wechseln. Eine Tänzerin spricht einen stummen Text ins Ferne. Schatten erscheinen auf der Bühnenrückseite. Immer wieder neue Bilder aus Schwarz, blau, weiß und grau. Sie geben  viel Raum, die Beziehungsgeschichte von Pelléas und Mélisande in all ihren Facetten zu begreifen. Verloren wie aus dem Königskinder-Volkslied stehen sie sich am Ende gegenüber.
Seine Choreografie nach dem Schauspiel-Drama „Pelléas und Mélisande“ von Maurice Maeterlinck und der gleichnamigen Musik von Arnold Schönberg hat der italienische Choreograf Luca Veggetti mit einem Zitat aus der Schlüsselszene des 1893 entstandenen Dramas benannt. „Am Ende unserer Schatten“ versucht den Kern des Dramas mit der Sprache des Tanzes wiederzugeben, ohne einem linearen Handlungsstrang zu folgen. Das sechsköpfige Ensemble, welches das Dreieck der Beziehung spiegelt, aber auch jeweils eigene Dynamiken entwickelt, spielt mit seinem Tanz eine eigene Musik. Wiederkehrende Formen und Bewegungsmuster erzählen die Handlung wie aus dem Innenraum der Figuren.
Vegettis Choreografie schöpft aus unterschiedlichen Kunstformen, wie der Malerei, der Architektur, des Schauspiels und der Lichtkunst und findet damit inhaltlich sowie in der künstlerisch-theatralen Darstellung einen ganz eigenen Ausdruck und Rhythmus.
Den eher beschreibenden Charakter von Schönbergs Musik kontrastiert Veggetti mit assoziativen, abstrakten Tanzbildern und bringt aus der Dunkelheit des Bühnenraums heraus, alles in einen Fluss. Nichts wirkt dabei aufgesetzt oder überhöht, sondern unaufgeregt schön; beinahe klassisch. Und so verschmelzen Licht, Schatten, Musik, Darstellung und Tanz zu einem, in jeder Hinsicht, wunderbaren Ganzen.
Igor Strawinsky`s „Le sacre du printemps“, choreografiert von Vaslav Nijinsky war bei seiner Uraufführung 1913 in Paris ein  Ballettskandal und wurde dann zum Schlüsselwerk der Moderne des 20.Jahrhunderts. Strawinsky wollte mit seinem Werk die Auferstehung der Natur schildern, die zu neuem Leben erweckt wird. In der Vision einer Heidnischen Feier soll ein junges  Mädchen dem Gott des Frühlings geopfert werden, um ihn günstig zu stimmen.
Immer wieder neu wurde dieser Stoff von Choreograf*innen wie beispielsweise Mary Wigman: 1957, Maurice Bejart: 1959, Pina Bausch: 1975 oder Sasha Waltz: 2013 interpretiert. Bei Antoine Jully steht die Gruppe im Mittelpunkt und auch bei ihm wird in dieser Hymne an das Leben, wie bei den meisten anderen, am Ende eine junge Frau  aus der Masse geopfert.
Äste und Geäst hängt wie von einem riesigen Baum von der Bühnendecke. Das ganze Ensemble ist in hellblau gekleidet. Die Tänzer tragen hellblaue Slips, die Tänzerinnen kurze Kleider, die etwas von antiken Gewändern haben.
Von Anfang an bestimmt der starke Rhythmus von Stravinskys Komposition das Geschehen. Doch Jullys Choreografie folgt auch einer Melodie und wirkt dadurch fließend, in ihrer Geschwindigkeit flirrend und vor allem auch leicht wie ein großes Spiel.
Die ursprünglich von Nijinsi stark ritualisierten Gruppenchoreografien kommen hier nicht starr und für unsere Tanzepoche verstaubt über die Bühne, sondern verspielt und ideenreich.
Hände flattern, Tanzer*innen schlagen kniend den Rhythmus auf den Boden, rollen bäuchlings über die Bühne, fliegen wie ein Vogelschwarm, springen sich an, umschlingen sich, fallen wieder auseinander wie Käfer, wie Blütenblätter im Wind; wie eine große „Frühlings-Explosion“.
Im Tempo mit der Musik passiert beinahe alles gleichzeitig, und zwar meist mit dem gesamten Ensemble auf der Bühne. Dazwischen gibt es auch mal Duos und kleinere Gruppen, die jedoch im großen Spektakel etwas untergehen. Die begeisternde Energie auf der Bühne nimmt das Publikum mit – wie an einem schönen Frühlingstag, nach langem Winter.
Jullys „Le sacre du printemps“ ist voller Esprit – sei es choreografisch wie auch in der Bewegungssprache, die in Oldenburg ungewöhnlich neu daherkommt. Doch verschießt sie anfangs ihr Potential so sehr, dass es im Verlauf keine Steigerung mehr geben kann. Dann ist alles gesehen und nur noch Wiederholung. So bleibt der Opferwurf am Ende auch nur ein halbherziger Schluss und kein Höhepunkt.

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